Restrukturierung der DEZA im EDA

Stellungnahme AidRating

In den Medien, zuletzt am Radio SRF, wurden in letzter Zeit mehrfach Befürchtungen laut, dass die DEZA für einen neuen Direktor an Attraktivität verlören, womöglich die Sicht des Südens nicht mehr richtig vertreten könnte, wenn die derzeit laufenden Reformen weitergeführt würden.

In vorliegender Stellungnahme stellen wir von AidRating insbesondere den Aussagen von Peter Niggli, Geschäftsführer Alliance Sud (AS), seinen Vorgänger im Amt Richard Gerster, sowie von Prof Rolf Kappel, Direktor NADEL unsere eigene Sicht gegenüber. Diese beruht auf Erfahrungen und Analysen in den letzten Jahrzehnten. Berücksichtigt werden auch Aussagen in der Evaluation von Prof Wüthrich et al zum Thema vom Oktober 2013.

Letztere betrifft allerdings nur die Integration der Personalabteilung in die Direktion Ressourcen EDA und erwähnt unter anderem ein Denken in einer „Festung DEZA“:

Reo EDA

(Bild anklicken für Link zur Seite mit  ganzem Evaluationsbericht)

Wir befürworten eine DEZA, die ihre Aufgaben nach besten Kräften im Sinn der Bundesgesetzes über die Internationale Zusammenarbeit und der ausführenden Verordnung erfüllt.

Auf die geäusserten Kritikpunkte gehen wir wie folgt ein:

Klage: Die DEZA hat keine eigene Personalsektion mehr

Eine Personalsektion hat die Personalauswahl sowie die Personalentwicklung nach Massgabe der dazu vereinbarten Richtlinien sicherzustellen. Bei einer organisatorisch sauber vom operativen Geschäft getrennten Personalsektion mit klarer Aufgabenteilung kann dank Transparenz in den Abläufen sichergestellt werden, dass solche Richtlinien eingehalten und geeignete Personen gemäss Pflichtenheften rekrutiert und danach betreut werden.
Bei einer integrierten Personalsektion wie bisher in der DEZA gibt es zwar kürzere Wege. Aber es besteht die Gefahr, dass persönliche Präferenzen und Einflussnahme von Linien-Beamten die Entscheide in allen Phasen verfälschen. Wir kennen Fälle solcher Einflussnahmen und gehen davon aus, dass dergleichen häufig stattgefunden hat. Nicht umsonst trauern DEZA-Leute den „persönlichen Beziehungen“ nach, die früher gegenüber der integrierten Personalsektion bestanden. Eine sachlich-kohärente Politik zur Personalentwicklung haben wir in den letzten 30 Jahren ohnehin nie beobachten können.

Eine örtlich und organisatorisch unabhängig geführte Personalabteilung betrachten wir als Fortschritt und Verbesserung, sofern es gelingt, in transparenter Zusammenarbeit zwischen DEZA und DR-EDA die Abgrenzungen klar zu regeln, eine klare Personalplanung zu entwickeln, sowie eine Arbeitsroutine mit klaren Zuständigkeiten zu etablieren. Eine klassische Aufgabe vieler Reorganisationen. Wir halten namentlich eine Ablösung der „persönlichen Beziehungen“ durch freundschaftliche, aber professionelle Zusammenarbeit für höchst wünschenswert.

Klage: Die DEZA hat keine eigene Kommunikationsabteilung mehr

Während man als aussenstehende NGO früher oft erst nachträglich von wichtigen Veranstaltungen oder Massnahmen erfuhr, haben wir hier in letzter Zeit einiges an Verbesserungen in Richtung besserer Information, sprich vermehrter Transparenz, beobachtet. Auch diese Massnahme betrachten wir als bedeutende Verbesserung und nicht als Nachteil. Sie ist geeignet, die Teilnahme der Öffentlichkeit und das Vertrauen in die EZA zu fördern. Die Massnahme ist übrigens schon längst verwirklicht und braucht nicht mit der aktuellen Thematik vermischt zu werden.
Auch die DEZA kann sich dem allgemeinen Trend hin zu grösserer Transparenz nicht entziehen. Es braucht keine Leute mehr, die sich damit beschäftigen, als Filter für Informationen zu wirken, die der Öffentlichkeit nicht oder erst später irgendwann zugemutet werden sollen. Selbstverständlich erwarten wir, dass in der DEZA ausreichende Kompetenzen erhalten bleiben, in fachlich anspruchsvollen Angelegenheiten all jenes professionell darzulegen, was über geeignete Kanäle nach aussen getragen werden soll.

Behauptung: Die DEZA verliert die Finanzabteilung

In der Öffentlichkeit hat man nichts über einen solchen Schritt erfahren. Ob überhaupt eine Problematik vorliegt, erscheint fraglich. In der genannten Studie ist nichts darüber zu lesen. Das Argument klingt nach Alarmismus.

In aller Regel ist eine Finanzabteilung dazu da, den Bedarf an benötigten Geldern zu planen und bereitzustellen, für ordnungsgemässe Verbuchung zu sorgen, und die Einhaltung der Budgetvorgaben zu überwachen. Kompetenzen zur Prioritätensetzung hat sie aber üblicherweise nicht.

Im Fall DEZA ist das Volumen an verfügbaren Geldern durch das Parlament bestimmt und die grobe Verteilung in den vierjährlichen Berichten zuhanden des Parlamentes vorgegeben. Die einzelnen Vergaben werden im Rahmen dieser und allgemeiner Vorgaben durch die Linie, das heisst Direktion und geografische Sektionen der DEZA, beschlossen und nicht durch die Finanzabteilung.

Wir gehen davon aus, dass keine Pläne bestehen, die für EZA bereitgestellten Mittel für andere als die gesetzlich vorgesehenen Zwecke abzuzweigen. Daher nehmen wir an, dass die Äusserung eher mit den Graubereichen zusammenhängt, die bisher vom DEZA-Apparat bei Vergabe-Entscheiden reichlich genutzt wurden. Anzeichen für letzteres sind die nachweislich sehr hohen Anteile der jährlich freihändig, also ohne Kontrolle vergebenen Verträge und ihre Summen (Bsp hier), die Begünstigung immer derselben wenigen Hilfswerke und privaten Anbieter, und der geringe Anteil an echten Ausschreibungen. In die selbe Kategorie gehört die DEZA-intern noch bis vor wenigen Jahren zu beobachtende, vielleicht fortbestehende Gepflogenheit der Chefs der geografischen Sektionen, sehr darauf zu achten, dass ihre jeweiligen Jahresbudgets auf keinen Fall kleiner ausfielen als jene der mit ihnen rivalisierenden anderen Sektionen.

Die bei Alliance Sud (AS)  zusammengeschlossenen Hilfswerke sind keineswegs so „unabhängig“ wie es scheint. Sie haben bisher erheblich von diesen Zuständen profitiert. Allein AS-Mitglied Helvetas/Intercooperation erhält insgesamt über ein Drittel des gesamten Auftragswertes. Jede echte Veränderung kann diese Interessen direkt tangieren, was erklären könnte, weshalb Herr Niggli als Geschäftsführer AS dies als Problem darstellt.

Bei AidRating tragen wir nach wie vor Materialien zu Fragen der Begünstigung und der Ausgrenzung zusammen und planen noch diese und jene Veröffentlichung. Es scheint uns nach vielen Jahren Beobachtung der DEZA sehr wahrscheinlich, dass der tiefere Grund für allfälliges Missbehagen über laufende Reformen mit der Furcht vor Verlust an Eigenleben und Macht der „Festung DEZA“ bei jenen zu tun haben dürfte, die bisher Nutzen für sich daraus zogen.

Anders als Kritiker der Integration sind wir der Auffassung, dass die Massnahmen soweit bekannt geeignet erscheinen, den gesetzlichen Auftrag zumindest effizienter und wirkungsvoller zu erfüllen, also besser als bisher.
Namentlich erhoffen wir uns einen Abbau der Bürokratie an der Zentrale, eine verbesserte Transparenz sowohl bei Abläufen als auch bei Finanz- und Informationsflüssen, vermehrten Wettbewerb bei Aufträgen, sowie die Aufwertung der Projektarbeit vor Ort.

Ganz allgemein ist zu erwarten, dass mit den laufenden Reformen vermehrte Transparenz und Kontrolle durch Aussenstehende möglich werden. Solche Reformen erscheinen uns wünschbar, ebenso wie eine ergebnisorientierte und effiziente DEZA unter einem künftigen Direktor, der Transparenz und Wirkungsorientierung über old boys Netzwerke und hergebrachte Gewohnheiten zu stellen versteht.

Aktueller Artikel in Tagesanzeiger/Bund:

http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/DezaChef-verteidigt-neue-Strategie/story/11663094

Radiosendung 19.1.14 „Echo der Zeit“ zum Thema (vierter Beitrag; nach ca. 19 Minuten)

Winterthur, den 27. Januar 2014

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