Golden Rice, wieder einmal

Greenpeace hat recht, Golden Rice abzulehnen.

Wir halten Golden Rice als vermeintliche Lösung für Vitamin A-Mangel für einen Trugschluss, bei dem mehr neue Probleme entstehen werden als dass solche gelöst werden. Sowohl die Nutzenfrage wie jene der Risiken führen tief in die terra incognita der Entwicklungsfragen.

Zunächst: Der Vitamin A-Reis liefert etwas, das auch in anderen Lebensmitteln zu haben ist, nämlich b-Karotin. Dieses gibt es schon im unpolierten Reis, dann aber auch in einer langen Reihe sonstiger Nahrungsmittel wie Leber, Süsskartoffeln, Karotten und vielen lokalen Gemüsen, namentlich auch in den von Vitamin A-Mangel betroffenen Regionen.

Es wäre also spezifisch zu jeder Region zu klären, welche Vorteile der Anbau dieses Reises hätte gegenüber der verbesserten Nutzung dort sonst noch vorhandener Vitamin A-Quellen. Sehr oft sind Fehlernährungen nämlich nicht Folge von fehlendem Vor­handen­sein, sondern vielmehr von durch veränderte Rahmenbedingungen bewirkte veränderte Ernährungsgewohnheiten. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören beispielsweise wirtschaftliche Not, von aussen gebrachte Modeströ­mungen (polierter statt unpolierter Reis, Verschwinden traditioneller Essgewohnheiten), veränderte Anbauprioritäten (z.B. Cash Crops statt lokale Gemüse), Preissteigerungen und viele andere.

Andererseits stellt sich die Frage, wo und durch wen dieser Reis angebaut, dann, durch wen er vertrieben, und schliesslich anstelle welch anderer Sorten er angebaut wird.

Um weit verbreitet zu werden, muss Golden Rice auf Basis einer häufig vorkommenden Hochertrags­sorte vermehrt werden. Diese benötigt regelmässigere Bewässerung, mehr Pflanzenschutz  und bessere Düngung als Lokalsorten und ist damit naturgemäss attraktiver für reichere Bauern mit besserem Land.

Beim Handel wird die Frage zu stellen sein, ob dann tatsächlich dieser Vitamin A-Reis auch ohne langfristig abzulehnende Subventionen, also nachhaltig und ausreichend billig, bis zu den bedürftigen Bevölkerungsgruppen gelangt. Auch wenn einzelne Bauern selber vermehren dürfen, wird die Frage zu lösen sein, wer das Saatgut produzieren oder verkaufen darf. Und da werden starke finanzielle Interessen mitspielen.

Ein besonders wichtiger Punkt wird kaum je angemerkt: Golden Rice muss in grossen Mengen angebaut werden, um überhaupt messbar Wirkung zu zeigen. Damit wird er in traditionellen Reisanbaugebieten lokale Reissorten (Stichwort Biodiversität!) verdrängen, die z.B. besser an Trockenheit, Überschwem­mung, Krankheiten, Schädlinge oder sonstige lokale Bedingungen angepasst sind, oder deren für uns „nutzlose“ Pflanzenteile wie Stroh besondere, für das örtliche System wichtige Eigenschaften haben, zum Beispiel als Futterbestandteil oder als Material für Behälter, Geräte, usw.

Solche und weitere Fragen sind typischerweise nicht dieselben, die von Laborwissenschaftlern gestellt werden, die von Verhältnissen vor Ort üblicherweise nichts wissen. Zu viele vermeintlich grossartige technische Neuerungen wurden auf diese Weise  eingeführt und haben letztlich die Probleme vergrössert. Wir brauchen nicht noch eine weitere.

Wenig erhellender Artikel im Tagi: http://www.tagesanzeiger.ch/wissen/natur/Wissenschaftler-gegen-Umweltschuetzer/story/16625020

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