Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit braucht mehr Transparenz als Voraussetzung für Qualität

AidRating als Schweizer NGO gratuliert den Hilfswerken und der DEZA, dass am Montag 28.2. eine Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit beschlossen worden ist. Allerdings braucht es auch mehr Transparenz als Voraussetzung für mehr Qualität. Eine solche sollte nun rasch verwirklicht werden, damit die Schweiz nicht hinterherhinkt:

International rückt die Bedeutung von Transparenz als Voraussetzung für verbesserte Entwicklungsarbeit immer mehr in den Fokus. AidRating mahnt dies schon lange an. Wir haben Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und die Aussenpolitische Kommission am 26.2. entsprechend angesprochen (siehe aktuellen Brief an Bundespräsidentin). Die Schweiz als Mitunterzeichner der IATI (International Aid Transparency Initiative) hat sich genau dazu verpflichtet. Aber es müssen Taten folgen.

Wir fordern die DEZA auf, vor der Konferenz in Busan (HLF4, 29.11. bis 1.12. 2011) vollständige Informationen in Anwendung der IATI-Standards ohne Einschränkungen öffentlich verfügbar zu machen. Diese Standards sind projektbezogen und betreffen unter anderem Angaben zu den Ergebnissen der Entwicklungsarbeit.

Die Busan-Konferenz ist das vierte hochkarätige internationale Forum zu besserer Entwicklungszusammenarbeit. Die anderen sind, mit den jeweiligen „Agenden“:

Links mit weiterführenden Informationen (englisch):

Brief an Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey: International Aid Transparency Initiative (IATI) – Transparentere Information über Entwicklungszusammenarbeit

An Ihre Exzellenz
Frau Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey
Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten Bundeshaus West
3003 Bern

Winterthur, 26. Februar 2011

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin

Wir nehmen Bezug auf oben erwähnte Verabschiedung der Zweiten Phase des IATI- Abkommens durch das Steering Committee am 9. Februar in Paris. Die Schweiz ist Unterzeichnerland dieser Initiative und hat offiziell Einsitz.

In Einklang mit den Partnerländern und den beteiligten NGOs, ersuchen wir die Schweizer Regierung und die DEZA, die dabei eingegangenen Verpflichtungen frühzeitig umzusetzen und rechtzeitig vor der nächsten Konferenz auf Regierungsebene vom 29. November in BUSAN (Südkorea) die Angaben gemäss dem vereinbarten Standard vollständig und uneingeschränkt öffentlich verfügbar zu machen.

Wir erlauben uns, Ihre Aufmerksamkeit insbesondere für die folgenden Bereiche zu erbitten, die wir seit langem einfordern, die aber gemäss unseren Untersuchungen in der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit bei weitem zu wenig transparent sind und mit der Anwendung des Standards wesentlich weiterkämen:

  1. vollständige und aussagekräftigere Information der Öffentlichkeit über Arbeitsweise, Orte und Wirkung der ganz oder teilweise öffentlich finanzierten Schweizer Entwicklungszusammenarbeit.
  2. aktuelle, vollständige und freie Zugänglichkeit zu Angaben, die erlauben würden, Schwerpunkte der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit einzuschätzen.
  3. aussagekräftigere Angaben zu Mittelflüssen und deren konkrete (namentlich projektbezogene!) Verwendung.
  4. bessere Transparenz und mehr Wettbewerb bei der Vergabe von Aufträgen und Mandaten an private Auftragnehmer.Wir möchten in diesem Zusammenhang unserer Besorgnis Ausdruck geben, dass die aktuell geplante Fusion zwischen Helvetas und Intercooperation besserem Wettbewerb und grösserer Transparenz unseres Erachtens nicht förderlich wäre, da dies zur bei weitem grössten Schweizer Agentur mit entsprechender Dominanz führen würde. Sie hätte gemäss Zahlen 2009 ein Jahresbudget von rund 100 Mio, davon 66 Mio von der DEZA allein, was einen Drittel der gesamten DEZA-Gelder an NGOs (199 Mio) ausmacht.
  5. verstärkte Information über gefasste Beschlüsse sowie Art und Zeitplan vorgesehener Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz, insbesondere solchen, die wie jene des IATI standardisiert sind und damit Vergleiche ermöglichen.

Mit diesen Bitten und unserer Arbeit, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, sehen wir uns in Einklang mit Bemühungen einer ganzen Reihe von Organisationen in Nord und Süd, die sich zur Aufgabe gemacht haben, zu mehr Transparenz und Wirkungsorientierung in der Entwicklungszusammenarbeit beizutragen. Wir verweisen namentlich auf den Brief von 35 internationalen Organisationen vom 25. Januar mit vergleichbarem Inhalt an Sie und betonen unsere Unterstützung für denselben.

Wir glauben, dass die Schweiz bei entschiedenem Handeln noch immer die Möglichkeit hat, auf internationalem Parkett in diesem Sinn eine beachtete und hoch respektierte Führungsrolle einzunehmen. Wir bieten dabei ausdrücklich unsere Unterstützung an.

Wir wünschen, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, Ihnen, Ihrem Departement und uns allen eine erfolgreiche Verwirklichung der Versprechen durch greifbare Ergebnisse und freuen uns, bald näheres über die Fortschritte zu erfahren.

mit vorzüglicher Hochachtung

IDEAS AidRating
Elvira Prohaska, Präsidentin
Jan Stiefel, Leiter AidRating

Kopie an Herrn Botschafter Martin Dahinden, Direktor DEZA

Download des Briefs an Frau Calmy-Rey als PDF

IATI neue OECD-Informationsstandards über Entwicklungszusammenarbeit Phasen 1/2 verabschiedet

IATI hat die neuen OECD-Informationsstandards über Entwicklungszusammenarbeit Phasen 1 und 2 verabschiedet. Sie gelten auch für die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Ganz so, wie wir von AidRating schon seit Jahren anmahnen. Zum Beispiel soll auch über Ergebnisse („Results“) informiert werden. Ist damit endlich Schluss mit der Geheimniskrämerei?