Anything goes, wenn man auf sich aufmerksam machen will. Das dachte ich zunächst, als ich den folgenden Beitrag im NZZ Folio las.
Unter der Rubrik „Das Experiment“ erzählt Journalist Reto U. Schneider von einem Sozialexperiment in einer kleinen Gemeinschaft am Viktoriasee in Kenia. Einem Teil des Gemeinwesens wurden ohne weitere Bedingungen umgerechnet Fr 250.- ausgehändigt. Dann wurde beobachtet, was mit dem Geld gemacht wurde. Ein paar der Beschenkten kauften nützliche Dinge. Jene, die das Experiment durchführten, waren von einer Organisation, die Geld direkt an Arme verteilt. Das Ergebnis des „Experiments“ war da genehm. Es wird nun angepriesen als Beleg, dass es besser sei, Armen Geld direkt zu verteilen, statt aufwendige Projektarbeit zu leisten.
Hier der Beitrag im „NZZ Folio“ von November 2014.
Kommentar:
Ersinne ein Experiment, bei dem du Ausgangslage und Fragestellung extrem vereinfachst (Grasdach = arm; erhoffter Kaufentscheid = Erfolg), verabreiche den Auserwählten eine mächtige Dosis deiner Medizin (Geld), den anderen aber nicht, und erkläre das Aufsehen, das du dabei erzeugst, als für das Ergebnis völlig bedeutungslos.
Tu dann so, als ob du die Nebenwirkungen mit einbezögst („Neid kam kaum vor“) aber ignoriere alles übrige, und wähle den Beobachtungszeitraum gerade lang genug, dass sich bei der ausgewählten Teilgruppe ein maximaler Effekt in deinem Sinn messen lässt. Du kannst dabei (weitgehend zu recht) darauf vertrauen, dass die meisten deiner Leser genau wie du sich nur ichbezogen-ökonomische Entscheide nach eigenem Denkmuster als „richtig“ vorstellen können.
Veröffentliche dann dein Labor-Ergebnis durch die richtigen Kanäle als neue Erkenntnis, die ab sofort und möglichst umfassend anzuwenden sei. Du kannst sicher sein: Bei dem vielen Staub, den du aufwirbelst, kannst du für das „neue und innovative Entwicklungsmodell“ reichlich Geld sammeln. Zumindest aber bist du berühmt, lange bevor Heerscharen weiterer Wissenschaftskollegen in weiteren teuren Experimenten zum Schluss gelangen, dass die Sache nicht ganz stimmen kann. Du aber bist dann schon so weit oben auf der Erfolgsleiter, dass dich keiner mehr herunterzuholen wagt.
So läuft vieles, was sich „Wissenschaft“ nennt. Und so wurde und wird in komplexen Problemfeldern wie es EZA ist schon viel Unheil angerichtet.