DEZA-Koordinationsbüros in Botschaften intergrieren?

Am 5. Dezember erschien in der NZZ auf Seite 12 ein Beitrag, der die aktuell zur Diskussion stehende Integration der DEZA-Koordinationsbüros in die Vertretungen des EDA betraf:

http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/eda-reform-wirft-fragen-zur-nord-sued-politik-auf-1.18198121

Die Hauptbotschaft des Artikels scheint klar: Durch die Integration der DEZA-Koordinationsbüros (Kobüs) in die Auslandsvertretungen verliere die „Perspektive des Südens“ an Gewicht.

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Transparenz der Schweizer Entwicklungshilfe „very poor“

Kürzlich hat die internationale Nichtregierungsorganisation „Publishwhatyoufund“ ihre vierte jährliche Transparenzstudie veröffentlicht. Diese bewertet die Transparenz grösserer Geber seit 2010.

Neu wurde 2013 die Bewertung verfeinert. Am stärksten gewichtet wird die Aktivität vor Ort (65%), an zweiter Stelle kommen allgemeine Informationen zur Organisation (25%), an dritter der gesetzliche Rahmen und die Zugänglichkeit der Daten (10%).

Von 67 Gebern erreichte die Schweiz lediglich den 44. Rang, hinter der Bill Gates Stiftung und vor Litauen. Ein schlechtes Resultat.

Das Ergebnis ähnelt den Folgerungen unserer AidRating-Studie 2013, die zu ähnlichen Schlüssen kommt. Mehr Transparenz, das weiss man inzwischen, würde zu mehr Zielorientierung und zu besseren Projekten führen.

Transparenz-Siegel auch für kleine Hilfswerke

Die gegenwärtige Hilfsbranche ist geprägt von einer Handvoll grosser und von staatlichen Stellen bevorzugt finanzierter Hilfsagenturen einerseits, einer Vielzahl kleiner und kleinster privater Initiativen und Vereine andererseits, die in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden.

Aber auch kleinste Hilfswerke leisten gute Arbeit. Das neue AidRating-Siegel eröffnet ihnen einen Weg, dies durch eine unabhängige Stelle ohne weitere Kosten bescheinigen zu lassen. Ab sofort können kleine Hilfswerke das Prüfsiegel unter folgenden Voraussetzungen erhalten:

  1. Klare Zielsetzung des Hilfswerks
  2. Konkrete Projekttätigkeit vor Ort seit mindestens einem Jahr
  3. Saubere Buchhaltung, klare Verantwortlichkeiten
  4. Öffentlich zugängliche und vollständige Berichterstattung über alle obigen Punkte
  5. Teilnahme an AidRating-Kurs und Rating von mindestens einem Projekt

ideas-geprueft

DAS SIEGEL SELBER IST KOSTENLOS UND KANN ZEITLICH UNBEGRENZT VERWENDET WERDEN!

Konditionen Siegel

Konditionen Transparenzkurs

Neu: Transparenzkurs für Hilfswerke

Dieser Kurs erlaubt, die wesentlichen zehn Grundfragen für Entwicklungsprojekte besser zu verstehen und für die eigene Projektplanung und -berichterstattung zu nutzen.  So kann ein Hilfswerk seine Arbeit der Öffentlichkeit transparenter kommunizieren. Es werden konkrete Projektberichte analysiert und transparentere Berichterstattung geübt.

Das Angebot richtet sich neu auch an kleine Entwicklungs-Hilfswerke, die ihre Projekte konsequenter an Effizienz und wesentlichen Prioritäten ausrichten und dies in der Öffentlichkeit auch zeigen wollen.

Kurs-Konditionen

Medienmitteilung: Die neue Transparenz-Rangliste 2012/13 (TCR5)

Sehr geehrte Medienschaffende

Am 18. Juli schalten wir die Ergebnisse des diesjährigen Transparenzrating der grössten EZA-Hilfswerke auf unsere neu gestaltete Homepage www.aidrating.org oder www.aidrating.net. Anbei finden Sie unseren zugehörigen Kommentar.
Gleichzeitig kündigen wir die Lancierung eines kostenlosen Transparenz-Siegels für Entwicklungszusammenarbeit an.
Bitte Anhänge beachten für Einzelheiten und Logo-Muster!

Freundliche Grüsse

Jan Stiefel
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1. Ergebnisse des Transparenzratings (PDF)

Das Transparenzrating erfolgt seit 2008 zum fünftenmal nach den gleichen Prinzipien: 
a: über welchen Teil aller Projekte wird berichtet;
b: wie aussagekräftig sind die vorhandenen Berichte. Grosse Überraschung dieses Jahr: Ein neuer Sieger!

Die Siegergruppe
Drei Agenturen können dieses Jahr einen Podestplatz beanspruchen, mit entsprechendem Siegel: Es sind 
-1. Platz: Solidar (SAH), die grossen Aufsteiger vom fünften auf einen mit sehr guter Berichterstattung redlich erworbenen ersten Platz!
-2. Platz: Schweiz. Rotes Kreuz, das stets gute Berichte hatte und diese auch stetig verbessert
-3. Platz: Terre des Hommes, das stets gut berichtete, aber nun vom zweiten auf den dritten Platz herabgerutscht ist

Die Berichte von Solidar gehören zum besten, was wir im Schweizer Kontext je gesehen haben, sowohl in Bezug auf Übersichtlichkeit als auch in Bezug auf Aussagekraft zu allen wichtigen Fragen. Das sollten Spendende sich merken! Wir gratulieren und empfehlen die Projekte 1,2, auch 4 oder 7 ausdrücklich zur Lektüre (siehe Projektliste im Anhang zum AidRating-Bericht).
Die Mittelmässigen

Sie berichten einigermassen gut oder haben wenigstens Listen, aus denen man die Tätigkeiten einigermassen abschätzen kann.
Zu ihnen gehört HEKS und Worldvision. Sie punkten sehr nahe beisammen, und ihre Berichte sind recht brauchbar. Die von Worldvision sind sogar noch etwas besser. Worldvision ist aber einer der grossen Absteiger in diesem Rating. Dies weil man über einen Teil der Projekte nur noch durch die Gesamtliste erfährt.
Die Berichte bei Fastenopfer sind fast ähnlich gut. Nur gibt es einen grossen Anteil von Projekten, die man nur von einer Liste her erkennt. So reicht es doch nicht ganz zum gleichen Niveau. Bei Swisscontact sind zwar alle Projekte beschrieben, und diese Beschriebe haben sich sogar verbessert- aber schwach sind sie immer noch.
Auch bei Helvetas haben sich die Berichte auf tiefem Niveau leicht verbessert. Aber es gibt immer noch zuviele Projekte, für die es nur eine Liste gibt. Man könnte sagen: zwar besser geworden, aber von anderen überrundet.

Die Schwachen
Zu den Schwächsten gehören DEZA, Swissaid und Caritas. Dies obwohl die Berichte bei DEZA und Caritas einige Informationen hergeben. Bei der DEZA  kämpft man sich dafür allerdings durch manche Neben- und Unterseiten sowie diverse Weltsprachen. 
Der grosse Schwachpunkt bei beiden ist die grosse Zahl nicht rapportierter Projekte. Von Caritas haben wir eine magere Liste erhalten, von der DEZA nicht einmal dies: Es gibt ein gähnendes Loch von über 600 Projekten, über die nichts zu erfahren ist.
 Swissaid hatte Pech: Auch hier sind die Berichte deutlich besser geworden. Nur ist der Anteil von Projekten ohne Bericht, nur mit Liste, immer noch zu hoch. Swissaid wurde nur um Haaresbreite von der DEZA geschlagen.

2. Das Transparenz-Siegel (PDF)
Längst fehlt ein aussagekräftiges Siegel für gute Berichterstattung über Projekte der IZA. Jetzt ist unser Transparenzsiegel da!
 Es darf von Gewinnern kostenlos und ohne zeitliche Beschränkung benutzt werden. Damit vermeiden wir Interessenkonflikte, wie sie bei bezahlten Siegeln vorkommen. 

Bei jedem Rating werden die 3 ersten Transparenzränge vergeben. Bei jedem kann die Agentur fallweise einen Zusatz im Siegel benutzen, das Aufstieg, Gleichbleiben, oder auch Abstieg in der Skala symbolisiert. Wenn es das lieber nicht will, gibt es eine Version des Siegels mit dem Rang allein.

Alle anderen können ein Siegel verwenden, bei dem die Jahrzahl steht und das Wort „geprüft“. Als Alternative dürfen sie ebenfalls die jeweils zutreffende Version „Aufstieg“ – „gleichbleibend“ – Abstieg“  oder neutral verwenden.

Das Transparenz-Siegel ist kostenlos. Dennoch steckt viel Arbeit dahinter. Diese Arbeit wurde bisher ohne Entgelt von unseren Mitgliedern erbracht, unter kundiger Leitung. Langfristig hoffen wir auf Sponsoren, denen der frische Wind etwas wert ist, den eine unabhängige Stimme im miefigen Schweizer Entwicklungs-Umfeld bringt.

Rang 1 Ideas ideas-geprueft ideas rang 3

 

3. Neuer Web-Auftritt
Unser Web-Auftritt war bisher verteilt auf zwei wenig aufsehenerregenden Seiten. Dank der Beratung, den strategischen Überlegungen sowie der tatkräftigen Hilfe beim Design und der Umsetzung durch die Hofrat Suess GmbH haben wir unseren Auftritt aktuellen Bedürfnissen und Gegebenheiten angepasst: Die Website ist im responsive Design gehalten. Ebenfalls hat Hofrat Suess das neuartige Logo für IDEAS Aidrating sowie das Transparenz-Siegel umgesetzt: Es zeigt noch immer etwas von der Weltkugel mit gegeneinander driftenden Kontinenten- aber farbig gestaltet und in einem, wie wir finden, Innovation vermittelnden Design.

Ankündigung: neue Transparenz-Rangliste 2012 TCR5

Logo_IDEAS_web_RGBAm 19. Juli stellt AidRating die neue Transparenz-Rangliste 2012/13 TCR5 vor. Gleichzeitig stellen wir unseren neuen Web-Auftritt vor und machen eine wichtige Ankündigung zum AidRating!

Kommentar: Das Transparenzrating 2012 von Publishwhatyoufund

Am 3. Oktober wurde das zweite internationale Transparenzrating von PWYF veröffentlicht. Die Schweiz landet im 55. Rang von 72 – nicht eben beeindruckend.

Bei Aidrating sind wir nicht erstaunt. Wer die DEZA-Informationspolitik unbefangen betrachtet, kommt zu ähnlichen Schlüssen. Aidrating wurde von PWYF für die Schweiz mit dem Sammeln der Daten betraut. Gefragt wurde über die Region bzw das Land, in dem im letzten Jahr das grösste Budget ausgegeben worden ist. Dies ist derzeit die Mekong-Region. Dort wurden gemäss DEZA 2011 35.23 Mio. CHF ausgegeben, und für 2012 sind 42.0 Mio. geplant. Die Zahlen beinhalten bilaterale Hilfe, ohne humanitäre Projekte. Die erfassten Daten stützen sich auf die DEZA-Homepage und die Homepage des Koordinationsbüros Mekong-Region.

Ein Hauptproblem beim Analysieren der DEZA-Informationen ist seit langem, dass man stets im Unklaren bleibt, wie vollständig die gemachten Angaben eigentlich sind. Bei der DEZA ist Unvollständigkeit der gelieferten Informationen so häufig, dass man es fast für eine Art Markenzeichen halten muss. Dies nährt den Verdacht, dass durch Vorzeigen ausgewählter Aktionen ein besserer Eindruck erzeugt werden soll, als eigentlich gerechtfertigt ist.

Neuerdings gibt es auf der DEZA-Homepage auch eine “Liste aller Projekte“. Wir haben diese im Juli entdeckt. Sie enthielt im Juli 66 Projekte, und jetzt, am 07. Oktober 2012, 111. Pikanterweise gab es aber schon im Juli 115 “ausgewählte” Projekte, und am heutigen Datum sind es 122. Die Zahlen dürften sich in nächster Zeit weiter verändern: Im Oktober 2011, als wir unser eigenes Transparenzrating vorbereiteten, gab man uns die Gesamtzahl der DEZA-Projekte mit 1117 an.

Während wir bei Aidrating versuchen, den Anteil der Tätigkeiten, die im Dunkel bleiben, zahlenmässig als Prozentsatz zu ermitteln, basiert die Methodik von PWYF im wesentlichen auf der Berichterstattung über die Projekte im jeweils grössten Empfängerland. Der angewandte Masstab ist dann aber besonders strikt: Wenn klar ist, dass die Informationen vollständig sind, gibt es einen Wert „1“. Wenn nicht, eine Null. (Methodik PWYF, englisch).

Dies erscheint als Hauptgrund, warum die Angaben zur Information über Einsatzregion und dortige Tätigkeiten mit Null bewertet worden sind und zum sehr tiefen Rang geführt haben. Die Art der Bewertung mag stark vereinfachend sein. Wenn sie aber konsequent bei allen Gebern gleich angewendet wird, dann ist die Aussagekraft dennoch gross.

Die fehlende Einführung des schon auf Ende 2011 versprochenen IATI-Standards bei der DEZA wirkt hier zusätzlich unvorteilhaft. Und die Erklärung, dass eben die Berichterstattung der Koordinationsbüros in der Ferne nicht standardisiert sei, klingt wie eine Ausrede, denn es sind die Verantwortlichen der Zentrale selber, die es längst in der Hand hätten, hier Klarheit zu schaffen.

Transparenzindex: Schweiz nur auf Platz 55

Nicht nur wir von Aidrating bescheinigen der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit mangende Transparenz: Die internationale NGO Publishwhatyoufund hat heute in Brüssel ihren Transparenzindex für 72 Geberländer und Organisationen vorgestellt.

Von 72 Agenturen liegt die Schweiz, vertreten durch die DEZA, auf dem 55. Platz, etwa gleichauf mit Irland und Italien, aber weit hinter allen mittel- und nordeuropäschen Ländern. Der Durchschnitt aller Agenturen war 41%; das Schweizer Ergebnis liegt mit 25% weit darunter. Nur die Informationen über die Organisation selber werden als einigermassen gut bewertet (25 von möglichen 33%). Die Qualität der Info über die Einsatzregion (im aktuellen Fall das Mekong-Becken) wurde ebenso wie jene zu den Projekten mit Null bewertet.

Unser Kommentar: Das Transparenzrating 2012 von Publishwhatyoufund

Aktuelle Pressekommentare auf deutsch:

Internationale Kommentare auf englisch:

Schweizer Entwicklungshilfe-Budget durchs Parlament

Ende Sommer: Schweizer Entwicklungshilfe-Budget im Parlament durchgewinkt. In Ordnung. Auch wenn ein deutlicher Hang zur Klientelwirtschaft das Bild trübt. Mit ein wenig mehr Debatte und kritischen Fragen hätten unsere Volksvertreter etwas deutlicher zeigen können, dass sie ihre Aufsichtspflichten wahrnehmen.

Inzwischen läuft unsere Transparenz-Studie 2012 (TCR5). Es ist noch zu früh, konkrete Aussagen zu machen, aber wir erwarten bemerkenswerte Veränderungen, die sich auch auf die Rangliste auswirken dürften.

IDEAS-Standpunkte zur Schweizer EZA

Wege zum Umgang mit der bundesrätlichen Botschaft zur Entwicklungszusammenarbeit 2013-2016

Auf 322 Seiten behandelt die Botschaft zur Entwicklungszusammenarbeit 2013-2016 Vorstellungen zur Ausgabenpolitik der kommenden vier Jahre. Die Erhöhung der Hilfe ist richtig, wenn sie transparent und mit klaren Prioritäten geplant wird, an denen sich die Ergebnisse dann messen lassen. Aber es ist Aufgabe der Zivilgesellschaft und der Politik, diese Prioritäten und Ziele festzulegen. Mit einer durchdachten Entwicklungspolitik hätte die Schweiz ein wichtiges Instrument ihrer Aussenpolitik und damit ihres Selbstverständnisses in Händen. Genutzt wird dieses Instrument seit Jahrzehnten kaum. Auch die neue Botschaft enthält zwar die unerlässlichen Ausgabentabellen, ansonsten aber derart unklare und austauschbare Vorgaben, dass diese einem Freibrief zur Beliebigkeit gleichkommen.

Es ist nötig und sinnvoll, die EZA als Teil einer Aussenpolitik zu sehen, die die langfristigen Verpflichtungen und Interessen eines an Respekt und Mitsprache in internationalen Gremien, Stabilität, wohlwollenden Freunden und an prosperierenden Handelspartnern interessierten kleinen Landes pflegt und fördert. Einer Amtsstelle und ihren Beamten steht es nicht zu, die Entwicklungspolitik zu definieren und auch nicht zu entscheiden, wer an ihrer Gestaltung mitwirken darf und wer nicht. Der Grundsatzdiskurs ist Sache der Parlamentskammern und der Zivilgesellschaft, bei der Ausführung muss mehr Wettbewerb und echte Leistung hinzukommen. In diesem Rahmen soll auch das Budget wie beantragt wachsen können.

Pünktlich zur Debatte ist von der DEZA eine Evaluation präsentiert worden, die sich mit dem Engagement in „fragilen Staaten“ befasst, dem Gebiet also, wo die DEZA vermehrt aktiv werden will: Trotz diplomatischer Formulierungen erweist sie sich als kritisch gegenüber den operationellen DEZA-Fähigkeiten und moniert auch die Unklarheit dessen, was „fragil“ überhaupt heissen soll. Es ist oft von „Potential“ die Rede. Das heisst im Klartext: Man könnte etwas besser machen, tut es aber nicht. Dies betrifft das gesamte Spektrum, vom Definieren stategischer Vorgaben hin zum gezielten Sammeln von Fakten im Feld und dem Treffen konkreter Massnahmen. (Auf DEZA-Homepage unter „Evaluationen seit 2010“: Evaluation 30.5.2012, DEZA Ref Nr 2012.68)

Das ist ein deutlicher Wink an die Politik, sich zunächst mehr Einfluss und Mitsprache im zu sichern und sich dabei nicht durch dir nebulöse Diktion der Botschaft daran hindern zu lassen. Er betrifft alle Entscheidungsträger, und jene an den beiden Polen des bedingungslosen „Dafür“ wie des „Dagegen“ ganz besonders, denn diese tragen zur Stagnation besonders bei. Es würde Raum geschaffen zur Entwicklung von Innovationen und Konzepten, die im bisherigen engen Rahmen nicht zum Zug kamen.

Sofortmassnahmen

Besonders dringlich wären mehr Transparenz und mehr Wettbewerb. Politisch könnte dafür der Weg gebahnt werden durch Verknüpfung eines Ja zur Botschaft mit folgenden Zusatzforderungen, etwa per Motion:

  1. Einführung voller Transparenz über Projekte und Tätigkeiten. Die DEZA hat schon 2009 eine internationale Initiative grosser Geber zu einem Standard zur Berichterstattung unterzeichnet, der konkreter ist und bessere Lernerfahrungen ermöglicht als die ältere und unvollständig umgesetzte OECD DAC-Codierung. Der neue Standard ist bekannt ais IATI. Die Einführung macht erhebliche Fortschritte. Fast alle grossen Geber und renommierte internationale NGOs wie Oxfam haben sich schon darauf verpflichtet. Die Schweiz hat auf internationaler Ebene die Einführung auf Oktober 2011 versprochen. Auch Alliance Sud befürwortet die Einführung von IATI. Dennoch bestehen innerhalb der DEZA offenbar starke Widerstande. In der bundesrätlichen Botschaft wird IATI trotz aller Versprechen mit keinem Wort erwähnt.
    Hingegen liegen die Vorteile der durch IATI möglichen Vergleichbarkeit auf der Hand: Noch kaum absehbar sind die sich eröffnenden Perspektiven für verbesserte Wirkungsorientierung: Erfolge und Misserfolge im Feld lassen sich über ganze Sektoren, Regionen, Ländergruppen und darüber hinaus vergleichen und analysieren. Die wäre ein Quantensprung bei der bisher chronisch dürftigen Datenlage zur Wirkungsevaluation, wie er noch nie dagewesen ist.
  2. Mehr Wettbewerb durch stufenweise Öffnung des Marktes für Beratungs- und Durchführungsleistungen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit innerhalb der Schweiz. Dieser umfasst jährlich 140 Millionen Franken und beschäftigt einige Hundert Anbieter. Nur ein Dutzend von diesen aber erhalten den grössten Teil davon (2010: 86%), siehe IDEAS-Analyse der Vergabepraxis DEZA 2010.
    Dies führt zu einem wettbewerbsfeindlichen Favoritismus, verbunden mit Innovationsdefiziten und mit den bei fehlendem Wettbewerb zu erwartenden Nachteilen bei den Kosten. Mehr Wettbewerb brächte einen Mehrwert für die Schweiz durch breitere Streuung von Know-how im internationalen (Entwicklungs)umfeld, sowie durch breitere Nutzung des kreativen Potentials (crowdsourcing). Ausschreibungen müssen weit öfter als bisher, Folgeaufträge sollten nur noch in engen Grenzen erfolgen. Bei Vergaben müssten kleine Agenturen und Neulinge die Chance bekommen, sich zu bewähren; bei freihändigen Vergaben müsste ein Zufallsprinzip spielen. Die Zuteilung müsste von den Beziehungen und Interessen der beteiligten Beamten befreit erfolgen.

Mittelfristige Massnahmen

Verbesserte Transparenz und mehr Wettbewerb käme der gesamten Organisationskultur zugute. Sie könnte stark beitragen zu zielorientiertem Handeln, Abbau von Verzettelung und Konzentration auf Wesentliches. Mittelfristig aber könnte die EZA zu einem wichtigen und respektierten Instrument der Schweizer Welt-Aussenpolitik werden. Dies wird einiges an Arbeit erfordern. Der Anstoss könnte aber ab jetzt durch Einbringen entsprechender Postulate mit Eckdaten und Terminen für Etappenziele gegeben werden:

Besinnung auf die Kernkompetenzen

Die betroffenen Bundesämter sollten zurück zu ihren Kernkompetenzen finden oder sich diese erarbeiten unter Mitwirkung ihrer Departemente. Welches diese sind, wäre nicht von den Ämtern selber zu bestimmen, sondern durch Parlament und öffentliche Debatte aufgrund der Zielvorgaben im Entwicklunghshilfegesetz, an die man sich bei dieser Gelegenheit getrost wieder einmal erinnern kann. Vier wünschenswerte Kernkompetenzen gibt es anzuführen:

Diplomatischer Dialog: Zum einen betrifft dies verstärkt diplomatisch-konsularische Aufgaben. Hierhin gehören namentlich Sicherstellung zwischenstaatlicher Kommunikation, Schutzfunktionen für Projekte und „Feldmitarbeiter“, sowie „Policy-Dialog“ zur Erörterung staatlicher Grundleistungen auf ministerieller Ebene, wie sie auch in der genannten Studie angemahnt werden. Solche Funktionen dürften länderspezifisch wünschbar sein in „fragilen Staaten“ und anderen, wo die Schweiz besondere Ziele oder Interessen verfolgt, etwa Partner von Ländergruppen bei IMF und Weltbank. Hier könnten die bisher vorwiegend als ausgelagerte Verwaltungszentren wirkenden Koordinationsbüros der DEZA ihre wesentliche Aufgabe finden, und dies in geringerer Zahl und mit kürzerer Präsenzperspektive als bisher.

WTO-Position: Der zweite, damit verbunden, wäre die Pflege der Schweizer Positionen gegenüber den Bretton Woods- und UN-Institutionen verbunden mit der Verwaltung der entsprechenden Budgets. Auch hier wäre einiges zu tun, die Beziehungsnetze aus den längst gewachsenen verwaltungstechnischen Verflechtungen herauszuheben und zu einem Aufgabenbereich mit politisch klaren Vorgaben zu machen. Diese böten den Rahmen, in dem Höhe und Zweckbestimmung der Geldbeiträge in politischem Prozess erarbeitet würde.

Governance: Dritter Kompetenzbereich wäre die Kooperation von Regierungsstelle zu Regierungsstelle: Unterstützung staatlicher Schlüsselfunktionen wie Rechtspflege, Bildungspolitik, Polizeiwesen, Korruptionsbekämpfung, Governance. Alles begleitet von einem energischeren, auch in der erwähnten Evaluation angemahnten „Policy-Dialog“. Zuständige Bundesämter könnten federführend und durch Eigenerfahrung fundiert, EDA und DEZA ausführend wirken. Bedingung wäre allerdings auch mehr Mut als bisher beim Ansprechen von Problemen.

Verwalten statt herrschen:  Die vierte Kernaufgabe betrifft grundlegende Verwaltungsaufgaben, wie sie eigentlich immer sicherzustellen wären: Koordination und Informationsaustausch mit Akteuren, Controlling, Qualitätssicherung, und Berichterstattung. Der Bereich ist anspruchsvoll, weil es sich um weit divergierende Themen, unterschiedliche geografische Gebiete, und eine grosse Zahl unterschiedlicher Akteure handelt. Politik und Wissenschaft müssten das Ihre beitragen, um die Bundesämter nicht allein zu lassen: Schon die eben jetzt neu veröffentlichte DEZA-Evaluation berichtet, dass die DEZA-Kader mit den vergleichsweise geringen Anforderungen in Bezug auf „fragile Staaten“ schnell überfordert reagierten. Bei tiefgreifenderen Reformen dürfte dies noch stärker der Fall sein, was langfristige Bemühungen erwarten lässt.