15 Jahre Ideas

15jahreideasAm 22. Juli 2009 ist IDEAS 15 Jahre alt geworden. Bis zum Ende der Neunziger Jahre haben wir versucht, als diskret auftretende, das Gespräch mit den Entwicklungsorganisationen suchende und darum in der breiten Öffentlichkeit fast unbekannte NGO etwas zu bewirken in Richtung besserer und nachprüfbarer Entwicklungszusammenarbeit vor Ort.
Zum Jahrestag habe ich nachträglich in alten Unterlagen gestöbert. Und habe einen Beitrag gefunden, den ich vor fast genau 10 Jahren für die entwicklungspolitische Zeitschrift „Mosquito“ verfasste. Er erschien in stark gekürzter Form etwa Mitte 1999. Wenige Monate später, im Frühjahr 2000, gab „Mosquito“ auf. » (Beitrag hier herunterladen)
Was da stand, erscheint heute noch so aktuell wie damals. Es hat sich noch kaum etwas bewegt, ähnlich wie in der Zeitmaschine im Technorama Winterthur: Der Motor schnurrt vor sich hin, aber bevor sich der Stein links bewegt, geht das Weltall unter.

Wir finden das erschreckend. Es gibt nur zwei Erklärungen: Die Problematik ist bedeutungslos- dann weiss ich nicht, was denn wirklich von Bedeutung ist. Oder: Die Problematik ist derart heiss, dass sich niemand traut, sie anzufassen.

Wir glauben an den zweiten Fall und melden uns weiterhin. Mit der ersten Publikation von AidRating 2008 haben wir ein erstes deutliches Zeichen gesetzt. Diese Studie wird 2009 wiederholt und vertieft. Wir wollen Öffentlichkeit. Wir stehen für eine echte Auseinandersetzung. Man wird von uns hören.

Afro-Pfingsten – an Afrika vorbei?

In der NZZ ist ein beissend-nachdenklich-provokanter Beitrag erschienen zum Afrikabild, das an Afro-Pfingsten transportiert wird.

Der Autor hat da in vielem recht. Bin beeindruckt und fühle mich herausgefordert. Aber die Atmosphäre an Afro-Pfingsten und die Konzerte –besonders am Sonntag- möchte ich dennoch nicht missen. Wenn ich’s mir recht überlege: Ich möchte mehr. Von beidem.

Für meine Emotionen: Die Gerüche, die Musik, die Leute, die entspannt wie selten durch die Gassen schlendern.

Für meinen kritischen Intellekt: Die sarkastischen Fragen zu unserem Afrika-Bild, getrübt durch Klischees und Gönnerhaftigkeit, und zur Selbstverantwortung der Afrikaner.

Jan Stiefel

Afro-Pfingsten 2009

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Afro-Pfingsten hat seine zwanzigste Veranstaltung erlebt. Mit AidRating waren wir erstmals dabei an der FairFair. Strahlende Sonne, begleitet von launischen und kühlen Böen herrschte zwei Tage auf dem Platz mit unserem bescheidenen Stand. Besucher kamen zuerst nur vereinzelt, dann, jeweils gegen Abend, immer mehr. So, als hätten sie sich die Szene erst aus sicherer Ferne ansehen müssen.

Aber wer sich die Zeit nahm, war immer interessiert. Wollte genauer wissen, wie wir unser Rating durchführen, und auch, was wir damit wollen. Einige sagten: endlich traut sich jemand.
Besonders wichtig: Es gab niemand, der/die uns wegen unserer Arbeit anfeindeten. Im Gegenteil, wir meinten, so etwas wie Respekt zu spüren.

Mikrokredite: Medizin oder Gift?

Afro-Pfingsten 2009 in Winterthur war im Jubiläumsjahr 2009 ein Publikumserfolg.

Der Anspruch steigt auch in entwicklungspolitischer Hinsicht: Es geht ja um „Eine Welt“. Er sollte schon am Eröffnungsabend bekräftigt werden: Es gab eine Podiumsdiskussion mit Thema „Mikrokredite“. Nur: die Botschaft kam einseitig Pro heraus, und so scheint es, dass sich der Organisator mit dem heiklen Thema übernommen hat.

Nachdem 2006 Mohammed Yunus, Gründer der Grameen-Bank aus Bangladesh, den Friedensnobelpreis bekommen hat, scheint die Vergabe von Mikrokrediten als vermeintliche Lösung schlechthin für alle Entwicklungsfragen in Mode gekommen zu sein.

So war auch der Eindruck mindestens der ersten Hälfte des Abends: Drei Funktionäre von Finanzinstituten, alle mit „Responsibility“ in irgendeiner Form dekoriert, und ein Vertreter von Worldvision erörterten, „woher das Geld kommt“ und „wohin es geht“. Der Moderator war ebenfalls Vertreter einer Mikrokreditfirma, unter Vertrag mit Swisscontact.

In der ersten Halbzeit hätte man sich in einem Seminar für Bankwesen wähnen können. Es ging um die Attraktivität für Investoren, inklusive von Hilfswerken, die ihre Reserven offenbar gewinnbringend anlegen wollen. Also die Renditen, und die Krisensicherheit. Derzeit –wie geschickt angemerkt wurde- besser als andere Papiere. Auch warum „Mikrofinancing“ ein weiter gefasster Begriff ist als „Mikrokredite“ war zu erfahren (weil mehr Massnahmen enthaltend).

Wohin genau und an wen solche Kredite gehen, war schon weit weniger deutlich. Nicht einmal die Grösse dessen, was als „Mikrokredit“ zu gelten hat, wurde recht klar. Es scheint alles möglich zwischen ein paar Dutzend und ein paar Millionen Dollar. Und sie brauchen offenbar nicht nur für produktive Gewerblerinnen reserviert zu bleiben: Auch für den Konsum, etwa Motorroller und Handys, werden solche inzwischen vergeben.

Zwar erfahren wir, dass Frauen bei weitem bessere Schuldnerinnen seien als Männer (Interessant für Investoren). Und: Mikrokredite müsse man besonders gut managen. Dann brächten sie schon die gewünschte Rendite.

Zumindest für die Mikrokreditfirmen und ihre Investoren. Deren Rechnung scheint zu stimmen. Schliesslich kann man die „hohen Verwaltungskosten“ ja bei den Schuldzinsen draufschlagen. Es ging ein Raunen durch den Saal, als vom ghanaischen Podiumsteilnehmer Pat Dobe zu hören war, dort werde ein Schuldzins von rund 32% verlangt. Allerdings bei einer Inflation von rund 20%, wie schnell nachgeschoben wurde.

Immerhin: World Vision und dann auch andere bestätigten auf Einwände hin, dass Mikrokredite nur als Teil eines gut koordinierten Bündels von Massnahmen sinnvoll seien. Man wisse, dass Mikrokredite nicht geeignet seien, „alle“ Probleme zu lösen.

Aber reicht es, Mikrokredite einfach in “begleitende Massnahmen” einzubetten? Wir meinen: Es sollte auch darüber geredet werden, wo Mikrokredite nicht hingehören. Weil sie -wie jedes Instrument- in gewissen Situationen nicht taugen.

Wer sich in Entwicklungsfragen auskennt, weiss: Mikrokredite können auch zerstörerisch wirken. Sie können etwa durch kulturfremde Monetarisierung traditionelle Solidaritätsmechanismen verdrängen. Falsche Anreize setzen. Und neue Abhängigkeiten und Risiken schaffen. Davon hätte auch die Rede sein müssen.

Aber- wie der Freund aus Ghana so schön zeigte- beim Wort „Risiken“ kamen ihm nur jene für die Bank selber in den Sinn. Zeitungsartikel Landbote mit Interview zum Thema hier Mikrokredite sind oft das falsche Rezept.

Jan Stiefel

IDEAS-Mitgliederversammlung 2009

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Am 25. April fand die diesjährige IDEAS-Mitgliederversammlung in Winterthur statt. Jahresbericht und Jahresrechnung 2008 sind ab sofort auf der » IDEAS-Downloadseite abrufbar!(Anmerkung: Es erscheint eine Liste, aus der die PDF-Dateien ausgewählt werden können)

95% wünschen mehr Transparenz

Umfrage Transparenz EZA

Umfrage Transparenz EZA

Mehr Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit wird von fast allen (95%) der Leserinnen und Lesern unserer Homepage befürwortet. Das ist das wichtigste Ergebnis einer Online-Umfrage, die wir in den vergangenen Monaten aufgeschaltet haben.

Frage: Ist Transparenz bei der Entwicklungszusammenarbeit nötig? ja, ist nötig nein, nicht nötig weiss nicht

Wir hatten drei Fragen, bei denen wir jeweils fragten, ob die jeweilige Forderung sehr wichtig, wichtig, eher unwichtig, oder völlig unwichtig sei.

  1. 74% fanden Transparenz im Geberland (Schweiz) sehr wichtig, 20% fanden das “eher wichtig”.
  2. 84% finden wichtig, mehr zu wissen über Risiken von Entwicklungsprojekten (was kann schiefgehen); 11% finden das ziemlich wichtig.
  3. Auf 88% kam der Anteil derer, die es sehr wichtig finden, mehr über die Wirkung von Projekten zu erfahren. 7% fanden diesen Punkt ziemlich wichtig.

Unwichtig fanden (1) nur 6% der Befragten, (2) und (3) sogar nur 5%.

Interessant war die Aufteilung nach Berufsgruppen: Es gab eine Möglichkeit, die Branche des Arbeitgebers anzugeben:

  • Rund 29% derer, die dies beantworteten, sind Mitarbeitende von Hilfswerken. Sie alle finden mehr Transparenz zu allen Fragen sehr wichtig. Weitere Berufsgruppen:
  • Private Dienstleister 38%
  • Öffentliche Hand und Forschung je 14.5%
  • Rest „übrige Berufe“

Bildungsstand der Beantwortenden:

  • 78.4% Hochschulabschluss
  • 10% Mittelschule
  • je 6% Grund- oder Berufsschulausbildung

Alter:

  • 2% unter 20J
  • 35% 21-40J
  • 49% 41-60J
  • 14% über 61 Jahre

Gesamtzahl Antworten: 55.

Umfrage: 95% wünschen sich mehr Transparenz

95% aller Besucherinnen und Besucher unserer transparent090416cut_160 Umfrage wünschen mehr Transparenz über Entwicklungszusammenarbeit.
Interessant daran: 29% derer, die mehr Transparenz sehr wichtig finden, sind Mitarbeitende von Hilfswerken! Die Umfrage wurde in den letzten Monaten geschaltet. Die genauen Daten und Umfrageergebnisse finden Sie hier.

Fundraiser: Ist Maulen gegen die Transparenz-Studie schlau?

Nachdem auch die Fundraiser-Branche gegen die Studie gemault hat, liefern wir hier ein paar Klarstellungen:

Die Aidrating-Transparenzstudie wurde in voller Länge am 11.11.2008 vorgestellt (siehe Tages-Anzeiger, Basler Zeitung, Landbote usw).

Auszüge aus der Transparenzstudie und die Methodik können Sie auf aidrating.org nachlesen. Dort ist sie auch bestellbar.

Da können Sie weiter ersehen, dass wir Transparenz aus guten Gründen und als Befürworter wirksamer EZA einfordern. Im Lauf der Arbeit trafen wir auf zusätzliche Seltsamkeiten. Das zeigt: Es ist noch mehr Fleisch am Knochen.

Dass gerade die grossen Hilfswerke wie etwa Helvetas oder Caritas so schlecht abschneiden, ist weder unsere Schuld noch entsprach es unserer Absicht.

Im September 2008 hatte die NZZaS nur Auszüge vorliegen, von denen sie lediglich winzige Fragmente brachte, dafür viel zur eigenen Meinung.

Danach boten wir ausführliches Material der Sonntagszeitung an und der Weltwoche. Letztere reagierte schneller und brachte Auszüge daraus. Die Befunde sind dort nicht gehässig, sondern korrekt zitiert.

Was die Glückskette betrifft, enthält die Studie eine genaue Erläuterung, warum wir sie separat betrachten. Wer es von anderer Seite wissen will, braucht nur deren Homepage anzuklicken. Dann erfahren Sie: Die Glückskette sammelt bezogen auf Kriegs- und Katastrophenereignisse. Spender wissen nicht, wer die Gelder letztlich vor Ort verwendet.

Hilfswerke können bei der Glückskette „Projektgesuche“ einreichen. Wenn gutgeheissen, dann wird ein Vertrag zwischen Glückskette und Hilfswerk abgeschlossen. Sie sehen: Die Glückskette vergibt die Projekte nach eigenen Regeln und Verfahren.

Wir haben viel Zustimmung bekommen, besonders von Vergabeorganisationen, Forschungsstellen, und bemerkenswerter Weise auch von Hilfswerksmitarbeitenden. Diese tun dies allerdings lieber anonym, unter anderem in unserer Umfrage.

PS: Fundraiser, die für Hilfswerke wie etwa Helvetas, Caritas, HEKS arbeiten, könnten sich vielleicht auch überlegen, wie man Befunde wie die der Transparenzstudie für einen verbesserten Auftritt nutzbar machen könnte anstatt in den Chor der voreiligen Diffamierungen einzustimmen. Artikel dazu im Fundraising-Journal.

Jan Stiefel

Transparenzstudie 2008 ausverkauft

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IDEAS stellt erfreut fest, dass die erste Teilauflage unserer Transparenzstudie 2008 bis auf wenige Exemplare ausverkauft ist. Sie wird

eifrig bestellt, vor allem von Vergabeorganisationen, Hilfswerken, Forschungsinstitutionen und Behörden.
Das zeigt: Unsere neuartige Rangliste für die Transparenz von EZA-Organisationen ist solide konzipiert und kommt an. Unser innovatives Konzept hat alle überrascht.
Auch die ZEWO, bei der wir erhebliche inhaltliche Mängel aufgedeckt haben und die gemeint hat, wir hätten „Angst vor fundierter Kritik“ ist stumm geblieben.

Die grössten Hilfsorganisationen in der Schweizer EZA sind Ende Januar brieflich über den provisorischen Zeitplan für die Transparenz-Studie 2009 unterrichtet worden. Wir wollen nach Ostern 2009 anfangen.
Die Methodik bleibt grundsätzlich dieselbe wie 2008.
Seit 2002 hat die OECD ihre sogenannten „DAC Codes“. Mit diesen lässt sich jede Intervention zweifelsfrei einem Tätigkeitsfeld zuordnen. Die Schweiz als Mitglied der OECD ist theoretisch offizieller Anwender dieser Codierung.

In Verbindung mit unserer Forderung, dass ein EZA-Hilfswerk Angaben über alle laufenden Interventionen/Projekte machen sollte, wird bei Anwendung der Codes nicht nur ein eigentliches „Profil“ der bevorzugten Tätigkeitsbereiche möglich, sondern man sähe auch, in welche Sektoren das Entwicklungsgeld fliesst.

Eigentlich unverständlich, dass diese Codes nicht längst allgemein angewandt werden.

Public Eye on Davos 2009: Verwirrung von Bern

Die Erklärung von Bern hat zusammen mit Greenpeace eine kleine Liste von Unternehmen an den Pranger gestellt, unter welchen die „übelste des Jahres“ gewählt werden soll. Darunter finden sich Nestlé, BKW, und die UBS. Als Einstimmung fürs böse WEF.

Das sollen also die Übelsten von 2008 sein? Wie, bitteschön, habt ihr von der EvB die denn ausgewählt? Was habt ihr Guten für Kriterien angewandt?

Bei den Genannten dürfte es zweifellos hässliche Sachen geben. Auf die UBS drischt inzwischen ja so ziemlich jeder ein.

Aber: Was mir da beim Wort „üble Konzerne“ so einfällt, sind etwa Halliburton, das sich am Krieg im Irak bereicherte, die chinesischen Melamin-Milchkonzerne, die Babys töten (ja, ganz recht, hat man doch schon mal irgendwo gehört..), Monsanto und Konsorten, die ganze Länder, etwa in Südamerika, mit gentech-veränderten Pflanzen überziehen, oder auch die Konzerne und Spekulanten, die durch Abzweigen von Lebensmitteln als Energiequelle für die Hungerkrise mitverantwortlich waren (schon vergessen?). Es gibt sicher noch weitere…

Wie gesagt, das ist, was mir gerade so einfällt. Ihr müsst im Gegensatz dazu richtig genau recherchiert haben. ZEWO-zertifiziert seid ihr ja, und demnach ist bei euch „Qualität“ und „Gerechtigkeit“ gesichert.

Könntet ihr sagen, wie ihr eure Wahl getroffen habt? Lasst euch Zeit: Wir erwarten eure Antworten, nachdem ihr die dummen Jungs besucht habt, die es dank eurer Anleitung der UBS mit Farbbeuteln so richtig gezeigt und es damit zu einem Knastaufenthalt gebracht haben. Dann könnt ihr gleich auch von deren neusten Erkenntnissen erzählen.

Jan Stiefel