Helvetas und Intercooperation wollen fusionieren

Helvetas und Intercooperation (IC) wollen fusionieren. Am 9. März hat die Helvetas-GV den Plan gutgeheissen.
Unsererseits haben wir Bedenken. Zusammen haben diese beiden einen Jahresumsatz von 100 Mio CHF und werden zur grössten Entwicklungsagentur der Schweiz. Dieser wird im ohnehin fehlenden Wettbewerb um DEZA-Aufträge noch dominanter. Andererseits ist IC keineswegs unabhängig, wie der Helvetas-Sprecher Stefan Stolle behauptet. Mit IC wird ein mit staatlichen Mitteln hochgebrachter Apparat an eine bevorzugte NGO verschenkt.
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Transparenz ist Vorbedingung für bessere EZA

Gut, dass es jetzt IATI und publishwhatyoufund gibt! Sie sind aus der Accra Agenda entstanden. Endlich ist irgendwo der Groschen gefallen, dass es ohne volle und alle Projekte abdeckende Transparenz nicht möglich ist, wichtige Lernerfahrungen zu machen und damit die EZA weiterzubringen. Dazu gehören: Dimensionen der Hilfe sehen. Wissen wo was gemacht wird. Wie es gemacht wird. Was die Schwerpunkte sind. Endlich sollten wir die Möglichkeit bekommen, Erfahrungen in einer Gesamtschau zu sehen und zu vergleichen. Damit käme man der Antwort näher, ob und wo EZA nützt, und wo nicht. Dazu der neue englischsprachige Devex-Blog “Full Disclosure”.

Wenn die Gewährsleute Rosemary McGee and John Gaventa von DFID sagen, “evidence on the impact of transparency is scarce” so müssen wir daran denken, dass es bisher mangels ebendieser Transparenz gar nicht möglich war, deren Nutzen zu belegen. Es gibt jedoch so viele direkt auf der Hand liegende sinnvolle Nutzungen, die damit möglich würden, dass schon die Tatsache, dass diese Nutzungen jetzt nicht möglich sind, eine Art indirekter “evidence” sind. Natürlich ist es prinzipiell einer modernen Gesellschaft unwürdig, wenn Institutionen aus ihren Tätigkeiten im öffentlichen Auftrag ein Geheimnis machen. Volle Offenlegung ist ein Grundsatz von grosser Tragweite.

Ebenso wichtig scheint mir: Der direkte Nutzen für die Praxis (Entwicklungszusammenarbeit braucht Transparenz, PDF), das heisst für bessere Arbeit vor Ort, wird erheblich sein. Das ist mir besonders lieb und teuer.

Jan Stiefel

Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit

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Haben Sie schon einmal ein Sachbuch benutzt ohne Inhaltsverzeichnis? Kennen Sie jemand, der etwas produziert oder verkauft, ohne genau zu sagen, was es ist? Grafik anklicken und lesen, warum » Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit  zunehmend als unerlässlich anerkannt wird…

Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit braucht mehr Transparenz als Voraussetzung für Qualität

AidRating als Schweizer NGO gratuliert den Hilfswerken und der DEZA, dass am Montag 28.2. eine Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit beschlossen worden ist. Allerdings braucht es auch mehr Transparenz als Voraussetzung für mehr Qualität. Eine solche sollte nun rasch verwirklicht werden, damit die Schweiz nicht hinterherhinkt:

International rückt die Bedeutung von Transparenz als Voraussetzung für verbesserte Entwicklungsarbeit immer mehr in den Fokus. AidRating mahnt dies schon lange an. Wir haben Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und die Aussenpolitische Kommission am 26.2. entsprechend angesprochen (siehe aktuellen Brief an Bundespräsidentin). Die Schweiz als Mitunterzeichner der IATI (International Aid Transparency Initiative) hat sich genau dazu verpflichtet. Aber es müssen Taten folgen.

Wir fordern die DEZA auf, vor der Konferenz in Busan (HLF4, 29.11. bis 1.12. 2011) vollständige Informationen in Anwendung der IATI-Standards ohne Einschränkungen öffentlich verfügbar zu machen. Diese Standards sind projektbezogen und betreffen unter anderem Angaben zu den Ergebnissen der Entwicklungsarbeit.

Die Busan-Konferenz ist das vierte hochkarätige internationale Forum zu besserer Entwicklungszusammenarbeit. Die anderen sind, mit den jeweiligen „Agenden“:

Links mit weiterführenden Informationen (englisch):

Brief an Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey: International Aid Transparency Initiative (IATI) – Transparentere Information über Entwicklungszusammenarbeit

An Ihre Exzellenz
Frau Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey
Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten Bundeshaus West
3003 Bern

Winterthur, 26. Februar 2011

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin

Wir nehmen Bezug auf oben erwähnte Verabschiedung der Zweiten Phase des IATI- Abkommens durch das Steering Committee am 9. Februar in Paris. Die Schweiz ist Unterzeichnerland dieser Initiative und hat offiziell Einsitz.

In Einklang mit den Partnerländern und den beteiligten NGOs, ersuchen wir die Schweizer Regierung und die DEZA, die dabei eingegangenen Verpflichtungen frühzeitig umzusetzen und rechtzeitig vor der nächsten Konferenz auf Regierungsebene vom 29. November in BUSAN (Südkorea) die Angaben gemäss dem vereinbarten Standard vollständig und uneingeschränkt öffentlich verfügbar zu machen.

Wir erlauben uns, Ihre Aufmerksamkeit insbesondere für die folgenden Bereiche zu erbitten, die wir seit langem einfordern, die aber gemäss unseren Untersuchungen in der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit bei weitem zu wenig transparent sind und mit der Anwendung des Standards wesentlich weiterkämen:

  1. vollständige und aussagekräftigere Information der Öffentlichkeit über Arbeitsweise, Orte und Wirkung der ganz oder teilweise öffentlich finanzierten Schweizer Entwicklungszusammenarbeit.
  2. aktuelle, vollständige und freie Zugänglichkeit zu Angaben, die erlauben würden, Schwerpunkte der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit einzuschätzen.
  3. aussagekräftigere Angaben zu Mittelflüssen und deren konkrete (namentlich projektbezogene!) Verwendung.
  4. bessere Transparenz und mehr Wettbewerb bei der Vergabe von Aufträgen und Mandaten an private Auftragnehmer.Wir möchten in diesem Zusammenhang unserer Besorgnis Ausdruck geben, dass die aktuell geplante Fusion zwischen Helvetas und Intercooperation besserem Wettbewerb und grösserer Transparenz unseres Erachtens nicht förderlich wäre, da dies zur bei weitem grössten Schweizer Agentur mit entsprechender Dominanz führen würde. Sie hätte gemäss Zahlen 2009 ein Jahresbudget von rund 100 Mio, davon 66 Mio von der DEZA allein, was einen Drittel der gesamten DEZA-Gelder an NGOs (199 Mio) ausmacht.
  5. verstärkte Information über gefasste Beschlüsse sowie Art und Zeitplan vorgesehener Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz, insbesondere solchen, die wie jene des IATI standardisiert sind und damit Vergleiche ermöglichen.

Mit diesen Bitten und unserer Arbeit, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, sehen wir uns in Einklang mit Bemühungen einer ganzen Reihe von Organisationen in Nord und Süd, die sich zur Aufgabe gemacht haben, zu mehr Transparenz und Wirkungsorientierung in der Entwicklungszusammenarbeit beizutragen. Wir verweisen namentlich auf den Brief von 35 internationalen Organisationen vom 25. Januar mit vergleichbarem Inhalt an Sie und betonen unsere Unterstützung für denselben.

Wir glauben, dass die Schweiz bei entschiedenem Handeln noch immer die Möglichkeit hat, auf internationalem Parkett in diesem Sinn eine beachtete und hoch respektierte Führungsrolle einzunehmen. Wir bieten dabei ausdrücklich unsere Unterstützung an.

Wir wünschen, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, Ihnen, Ihrem Departement und uns allen eine erfolgreiche Verwirklichung der Versprechen durch greifbare Ergebnisse und freuen uns, bald näheres über die Fortschritte zu erfahren.

mit vorzüglicher Hochachtung

IDEAS AidRating
Elvira Prohaska, Präsidentin
Jan Stiefel, Leiter AidRating

Kopie an Herrn Botschafter Martin Dahinden, Direktor DEZA

Download des Briefs an Frau Calmy-Rey als PDF

IATI neue OECD-Informationsstandards über Entwicklungszusammenarbeit Phasen 1/2 verabschiedet

IATI hat die neuen OECD-Informationsstandards über Entwicklungszusammenarbeit Phasen 1 und 2 verabschiedet. Sie gelten auch für die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Ganz so, wie wir von AidRating schon seit Jahren anmahnen. Zum Beispiel soll auch über Ergebnisse („Results“) informiert werden. Ist damit endlich Schluss mit der Geheimniskrämerei?

Medienmitteilung: Ergebnisse der 3. Transparenrating 2010

Das Wichtigste ist: Machen die grossen Hilfswerke deutlich, was sie konkret tun? Und was für konkrete Ergebnisse erzielen sie damit? Beides ist nur durch Transparenz in der Berichterstattung zu erfahren. AidRating macht die Transparenz messbar.

Zur Pressemitteilung

“Reporter” SF1 in Mali

Zunächst einmal: Ich mag die Sendung „Reporter“. Die Bilder aus Mali haben mich sehr angeheimelt. Ich habe dort zweieinhalb Jahre als FAO-Feldexperte gearbeitet, stets „en brousse“. Und ich fühlte mich mit diesen Menschen sehr wohl.

Zur Sendung

Entwicklungshilfe kritisch zu hinterfragen scheint mir richtig. Dies sollte weit mehr geschehen. Es ist auch gut, vor Ort zu sehen, wie der Alltag der Menschen aussieht. Dann aber: Der Anlass soll gewesen sein, dass ein Patenkind starb. Das wollte die Reporter-Equipe dort näher überprüfen. Wie sich zeigte, hat das betroffene Hilfswerk einige lokale Mitarbeiter vor Ort. Was die tun, erscheint eigentlich ganz in Ordnung- soweit sich die Kamera dafür überhaupt interessiert.

Die Reporterin aber scheint hergekommen zu sein mit dem Entschluss, einen Verriss zu drehen. Das zeigt ihr Hang zum Nörgeln: Dass es da etwa „grossen Bahnhof“ gibt, wenn eine Schweizer Journalistin mit Kameratross im Dorf anreist, ist bei Kenntnis der Gepflogenheiten selbstverständlich. Es reicht für einen Verdacht nicht aus. Die Bambara lieben das Formelle. Ebenso, dass die Ältesten das Wort ergreifen und nicht die Jungen. Auch dass die Mitarbeiter des Hilfswerks daneben stehen ist üblich. Meine Güte! Bei all der Betroffenheit hätte Frau Pfalzgraf sich wenigstens das Wort „Bambara“ korrekt beibringen lassen dürfen.

Was das Hilfswerk gewiss erklären sollte, ist der anscheinend hohe Anteil an Geld, der offenbar für „Administration“ abgeht. Die Frage ist berechtigt und wird gestellt. Richtig gebohrt wird ausgerechnet hier aber nicht. Bleibt das verstorbene Patenkind: Man erfährt so nebenbei, dass es auf einer Reise nach Guinea an Malaria erkrankte und starb. Also nichts, wofür das Hilfswerk etwas kann.

Dennoch wird der Eindruck gepflegt, das Problem seien eigentlich die Kinderpatenschaften. Und da wird mir klar: Es handelt sich um eine Werbesendung für die ZEWO, die Schweizer Zertifizierungs-Monopolistin für alles Humanitäre. Es ist deren Steckenpferd, stets gegen Kinderpatenschaften vom Leder zu ziehen. Dabei sind diese im entwicklungspolitischen Umfeld vergleichsweise bedeutungslos. Eher betrifft es die Spenderschaft, die damit bevormundet wird.

Aber das Ding mit den Patenschaften ist im Kasten und zum scheinbaren Hauptproblem umgenutzt. Das hilft einmal mehr, unliebsame Konkurrenz vom Kuchen der Spenden und öffentlichen Gelder in der Schweiz fernzuhalten.

Jan Stiefel