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Kommentar: Das Transparenzrating 2012 von Publishwhatyoufund

Am 3. Oktober wurde das zweite internationale Transparenzrating von PWYF veröffentlicht. Die Schweiz landet im 55. Rang von 72 – nicht eben beeindruckend.

Bei Aidrating sind wir nicht erstaunt. Wer die DEZA-Informationspolitik unbefangen betrachtet, kommt zu ähnlichen Schlüssen. Aidrating wurde von PWYF für die Schweiz mit dem Sammeln der Daten betraut. Gefragt wurde über die Region bzw das Land, in dem im letzten Jahr das grösste Budget ausgegeben worden ist. Dies ist derzeit die Mekong-Region. Dort wurden gemäss DEZA 2011 35.23 Mio. CHF ausgegeben, und für 2012 sind 42.0 Mio. geplant. Die Zahlen beinhalten bilaterale Hilfe, ohne humanitäre Projekte. Die erfassten Daten stützen sich auf die DEZA-Homepage und die Homepage des Koordinationsbüros Mekong-Region.

Ein Hauptproblem beim Analysieren der DEZA-Informationen ist seit langem, dass man stets im Unklaren bleibt, wie vollständig die gemachten Angaben eigentlich sind. Bei der DEZA ist Unvollständigkeit der gelieferten Informationen so häufig, dass man es fast für eine Art Markenzeichen halten muss. Dies nährt den Verdacht, dass durch Vorzeigen ausgewählter Aktionen ein besserer Eindruck erzeugt werden soll, als eigentlich gerechtfertigt ist.

Neuerdings gibt es auf der DEZA-Homepage auch eine “Liste aller Projekte“. Wir haben diese im Juli entdeckt. Sie enthielt im Juli 66 Projekte, und jetzt, am 07. Oktober 2012, 111. Pikanterweise gab es aber schon im Juli 115 “ausgewählte” Projekte, und am heutigen Datum sind es 122. Die Zahlen dürften sich in nächster Zeit weiter verändern: Im Oktober 2011, als wir unser eigenes Transparenzrating vorbereiteten, gab man uns die Gesamtzahl der DEZA-Projekte mit 1117 an.

Während wir bei Aidrating versuchen, den Anteil der Tätigkeiten, die im Dunkel bleiben, zahlenmässig als Prozentsatz zu ermitteln, basiert die Methodik von PWYF im wesentlichen auf der Berichterstattung über die Projekte im jeweils grössten Empfängerland. Der angewandte Masstab ist dann aber besonders strikt: Wenn klar ist, dass die Informationen vollständig sind, gibt es einen Wert „1“. Wenn nicht, eine Null. (Methodik PWYF, englisch).

Dies erscheint als Hauptgrund, warum die Angaben zur Information über Einsatzregion und dortige Tätigkeiten mit Null bewertet worden sind und zum sehr tiefen Rang geführt haben. Die Art der Bewertung mag stark vereinfachend sein. Wenn sie aber konsequent bei allen Gebern gleich angewendet wird, dann ist die Aussagekraft dennoch gross.

Die fehlende Einführung des schon auf Ende 2011 versprochenen IATI-Standards bei der DEZA wirkt hier zusätzlich unvorteilhaft. Und die Erklärung, dass eben die Berichterstattung der Koordinationsbüros in der Ferne nicht standardisiert sei, klingt wie eine Ausrede, denn es sind die Verantwortlichen der Zentrale selber, die es längst in der Hand hätten, hier Klarheit zu schaffen.

Bundesrat: Botschaft zur Internationalen Zusammenarbeit 2013 bis 2016

Die bundesrätliche Botschaft zur Internationalen Zusammenarbeit 2013 bis 2016 mit einem Budget von 11.35 Milliarden ist da. Darin enthalten ist Entwicklungs- wirtschaftliche und humanitäre Zusammenarbeit, aber auch Flüchtlings- und Asylwesen in der Schweiz. Was nirgends drinsteht: Die überfällige Erfüllung der IATI-Transparenzkriterien, versprochen auf Oktober 2011.

Der Nationalrat soll die Botschaft in der Sommersession, der Ständerat in der Herbstsession beraten.

Aidrating neu IATI-Mitglied der Technical Advisory Group

iati logoAidRating, vertreten durch Jan Stiefel, ist Mitglied der Technical Advisory Group von IATI geworden. Der IATI- Standard wird zum wichtigsten Standard für die Berichterstattung öffentlicher und privater Geber und Hilfsagenturen. Auch die Schweiz hat versprochen, vollständige Projektdaten gemäss IATI zu veröffentlichen.

Ankündigung TCR4 und weitere Termine

Ankündigung Terminplan Aidrating 2011 (TCR4): Downloads, Dokumentensammlung, Projektlisten:

  • Beginn -> 1. Juni 2010 (Vorarbeiten und erste Downloads ab Mai)
  • Ende -> 30. September 2010 (Nacharbeiten/Verifikationen bis ca Ende Oktober möglich)
  • Einbezug 10 grösste Hilfswerke und nach Möglichkeit erstmals auch Mission 21 und die DEZA
  • Rückfragen bei Hilfswerken, Verifikationen, Nacharbeiten usw: ca. ab August bis Sept/Oktober 2011

Wir werden dem Aspekt der Vollständigkeit der Projektübersicht (vollständige Projektlisten) in diesem Jahr besondere Beachtung schenken, in Anlehnung an die International Aid Transparency Initiative (IATI).

Ziel: Veröffentlichung Ergebnisse u.a. in englischer Sprache im Oktober/November 2011 sowie Präsentation bei Gelegenheit des Fourth High Level Forum on Aid Effectiveness 29.11. bis 01. 12. in Busan, Korea.

An diesem Forum steht „Inclusiveness“ auf der Agenda, das heisst: Teilnahme der Zivilgesellschaft ist neu ausdrücklich vorgesehen.

Transparenz ist Vorbedingung für bessere EZA

Gut, dass es jetzt IATI und publishwhatyoufund gibt! Sie sind aus der Accra Agenda entstanden. Endlich ist irgendwo der Groschen gefallen, dass es ohne volle und alle Projekte abdeckende Transparenz nicht möglich ist, wichtige Lernerfahrungen zu machen und damit die EZA weiterzubringen. Dazu gehören: Dimensionen der Hilfe sehen. Wissen wo was gemacht wird. Wie es gemacht wird. Was die Schwerpunkte sind. Endlich sollten wir die Möglichkeit bekommen, Erfahrungen in einer Gesamtschau zu sehen und zu vergleichen. Damit käme man der Antwort näher, ob und wo EZA nützt, und wo nicht. Dazu der neue englischsprachige Devex-Blog “Full Disclosure”.

Wenn die Gewährsleute Rosemary McGee and John Gaventa von DFID sagen, “evidence on the impact of transparency is scarce” so müssen wir daran denken, dass es bisher mangels ebendieser Transparenz gar nicht möglich war, deren Nutzen zu belegen. Es gibt jedoch so viele direkt auf der Hand liegende sinnvolle Nutzungen, die damit möglich würden, dass schon die Tatsache, dass diese Nutzungen jetzt nicht möglich sind, eine Art indirekter “evidence” sind. Natürlich ist es prinzipiell einer modernen Gesellschaft unwürdig, wenn Institutionen aus ihren Tätigkeiten im öffentlichen Auftrag ein Geheimnis machen. Volle Offenlegung ist ein Grundsatz von grosser Tragweite.

Ebenso wichtig scheint mir: Der direkte Nutzen für die Praxis (Entwicklungszusammenarbeit braucht Transparenz, PDF), das heisst für bessere Arbeit vor Ort, wird erheblich sein. Das ist mir besonders lieb und teuer.

Jan Stiefel

Brief an Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey: International Aid Transparency Initiative (IATI) – Transparentere Information über Entwicklungszusammenarbeit

An Ihre Exzellenz
Frau Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey
Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten Bundeshaus West
3003 Bern

Winterthur, 26. Februar 2011

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin

Wir nehmen Bezug auf oben erwähnte Verabschiedung der Zweiten Phase des IATI- Abkommens durch das Steering Committee am 9. Februar in Paris. Die Schweiz ist Unterzeichnerland dieser Initiative und hat offiziell Einsitz.

In Einklang mit den Partnerländern und den beteiligten NGOs, ersuchen wir die Schweizer Regierung und die DEZA, die dabei eingegangenen Verpflichtungen frühzeitig umzusetzen und rechtzeitig vor der nächsten Konferenz auf Regierungsebene vom 29. November in BUSAN (Südkorea) die Angaben gemäss dem vereinbarten Standard vollständig und uneingeschränkt öffentlich verfügbar zu machen.

Wir erlauben uns, Ihre Aufmerksamkeit insbesondere für die folgenden Bereiche zu erbitten, die wir seit langem einfordern, die aber gemäss unseren Untersuchungen in der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit bei weitem zu wenig transparent sind und mit der Anwendung des Standards wesentlich weiterkämen:

  1. vollständige und aussagekräftigere Information der Öffentlichkeit über Arbeitsweise, Orte und Wirkung der ganz oder teilweise öffentlich finanzierten Schweizer Entwicklungszusammenarbeit.
  2. aktuelle, vollständige und freie Zugänglichkeit zu Angaben, die erlauben würden, Schwerpunkte der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit einzuschätzen.
  3. aussagekräftigere Angaben zu Mittelflüssen und deren konkrete (namentlich projektbezogene!) Verwendung.
  4. bessere Transparenz und mehr Wettbewerb bei der Vergabe von Aufträgen und Mandaten an private Auftragnehmer.Wir möchten in diesem Zusammenhang unserer Besorgnis Ausdruck geben, dass die aktuell geplante Fusion zwischen Helvetas und Intercooperation besserem Wettbewerb und grösserer Transparenz unseres Erachtens nicht förderlich wäre, da dies zur bei weitem grössten Schweizer Agentur mit entsprechender Dominanz führen würde. Sie hätte gemäss Zahlen 2009 ein Jahresbudget von rund 100 Mio, davon 66 Mio von der DEZA allein, was einen Drittel der gesamten DEZA-Gelder an NGOs (199 Mio) ausmacht.
  5. verstärkte Information über gefasste Beschlüsse sowie Art und Zeitplan vorgesehener Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz, insbesondere solchen, die wie jene des IATI standardisiert sind und damit Vergleiche ermöglichen.

Mit diesen Bitten und unserer Arbeit, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, sehen wir uns in Einklang mit Bemühungen einer ganzen Reihe von Organisationen in Nord und Süd, die sich zur Aufgabe gemacht haben, zu mehr Transparenz und Wirkungsorientierung in der Entwicklungszusammenarbeit beizutragen. Wir verweisen namentlich auf den Brief von 35 internationalen Organisationen vom 25. Januar mit vergleichbarem Inhalt an Sie und betonen unsere Unterstützung für denselben.

Wir glauben, dass die Schweiz bei entschiedenem Handeln noch immer die Möglichkeit hat, auf internationalem Parkett in diesem Sinn eine beachtete und hoch respektierte Führungsrolle einzunehmen. Wir bieten dabei ausdrücklich unsere Unterstützung an.

Wir wünschen, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, Ihnen, Ihrem Departement und uns allen eine erfolgreiche Verwirklichung der Versprechen durch greifbare Ergebnisse und freuen uns, bald näheres über die Fortschritte zu erfahren.

mit vorzüglicher Hochachtung

IDEAS AidRating
Elvira Prohaska, Präsidentin
Jan Stiefel, Leiter AidRating

Kopie an Herrn Botschafter Martin Dahinden, Direktor DEZA

Download des Briefs an Frau Calmy-Rey als PDF

IATI neue OECD-Informationsstandards über Entwicklungszusammenarbeit Phasen 1/2 verabschiedet

IATI hat die neuen OECD-Informationsstandards über Entwicklungszusammenarbeit Phasen 1 und 2 verabschiedet. Sie gelten auch für die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Ganz so, wie wir von AidRating schon seit Jahren anmahnen. Zum Beispiel soll auch über Ergebnisse („Results“) informiert werden. Ist damit endlich Schluss mit der Geheimniskrämerei?